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Studieren mit Kind – Ein Bericht aus Sicht einer Studentenmama

Studieren mit Kind Studibuch Magazin

sIn der heutigen Gesellschaft, in der Karriere und Selbstverwirklichung an erster Stelle auf der Lebensagenda stehen, ist oft die Frage, wann der richtige Zeitpunkt ist, eine Familie zu gründen. Ist es das Beste mit der Familienplanung bis nach dem Studium zu warten? Oder ist das Studieren mit Kind eine echte Alternative und lässt sich gut miteinander vereinbaren? 

In meinem Bericht zum Thema Elternsein im Studium gehe ich auf meine persönlichen Erfahrungen während dieses ganz besonderen Abschnitts meines Lebens ein und möchte einen Einblick in die Möglichkeiten geben, mit welchen der Spagat zwischen Uni-Hörsaal und Babyfläschchen gelingen kann.

Die meisten Studenten/innen haben einen klaren Plan vor Augen, wenn sie mit ihrem Studium beginnen. Erst der Bachelor und Masterabschluss, dann mindestens ein paar Jahre arbeiten, bevor man sich überhaupt mit einem Kinderwunsch auseinandersetzt. Natürlich verlängert man sein Studium um ein bis zwei Semester, damit man sich beim Reisen die Welt anzuschauen kann. Startet man in das Berufsleben, ist der 30. Geburtstag meist schon in Sichtweite. Wenn man das erste richtige Geld verdient, möchte man natürlich erst einmal richtig leben und anfangen sein Geld anzulegen. Es folgen Urlaub, Hochzeit, Haus und dann die Familienplanung. Nicht selten sind Frauen Mitte 30, wenn sie ihr erstes Kind bekommen. Das Muttersein ist nicht vergleichbar mit dem Arbeitsleben und trifft viele Karrierefrauen besonders unerwartet.

Doch ist es überhaupt zumutbar einen anderen Weg einzuschlagen und ein Kind in einem nicht komplett finanziell abgesicherten Umfeld zu bekommen? Es gibt, meiner Meinung nach, einige nennenswerte Vorteile um mit dem Muttersein nicht allzu lange zu warten. Im Folgenden möchte ich auf das Thema Studieren mit Kind näher eingehen und von meinen eigenen Erfahrungen erzählen.

Finanzielle Sicherheit

Es gibt viele verschiedene Hilfestellen, über die eine Unterstützung im Studium mit Kind möglich ist.

Bereits vor der Geburt kann man als Student über den Antrag von Mehrbedarf für Schwangere nach SGB II beim Jobcenter finanzielle Unterstützung beantragen. Eine weitere finanzielle Stütze während der Schwangerschaft bietet das Mutterschaftsgeld. Da man als Student meist keine gesetzlich-versicherte Beschäftigung ausführt, erhält man hier eine Einmalzahlung über 210 €.

Nach der Geburt muss man in erster Instanz der Familienkasse Bescheid geben, um Kindergeld zu erhalten.

Außerdem sollte man schon während der Schwangerschaft Elterngeld beantragen. Dieses bezieht sich auf den Verdienst der letzten 12 Kalendermonate.

-HINWEIS: Nicht vergessen Nebenjobs und Praktikumsstellen mit anzugeben!-

Sollte man bisher noch nicht gearbeitet haben, erhält man dennoch den Mindestsatz von 300 €.

Das BAföG-Amt ist die nächste Stelle, die rechtzeitig über das Kind informiert werden sollte, denn dieses zahlt einen Kinderbetreuungszuschlag in Höhe von 130 €.

-HINWEIS: Hier ist zu beachten, dass Bafög nicht während des Urlaubssemester gezahlt wird!-

Weitere finanzielle Stützen bieten Stipendien, welche bei der Bewilligung soziale Hintergründe, wie die Betreuung eines Kindes berücksichtigt und dies auch die Höhe der Auszahlung beeinflusst.

Als zusätzliche Hilfe gibt es während dem Studium die Möglichkeit Wohngeld und/oder Hartz VI zu beantragen. Ob ein Anspruch besteht, wird hier im Einzelfall entschieden.

Sobald das Kind in die Kinderbetreuung in einer Kindertagesstätte oder zu einer Tagesmutter geht, kann man über das zuständige Jugendamt Kinderbetreuungshilfe beantragen.

Eigene Erfahrungen

Um den Punkt der finanziellen Sicherheit genau zu beleuchten, möchte ich diesen in drei Teilen voneinander separieren. Die Schwangerschaft, die Zeit nach der Geburt und die Wiederaufnahme des Studiums.

In der Schwangerschaft erhält man als normaler Student (so auch bei mir) einen Mehrbedarf für Schwangere, normales BAföG und die Einmalzahlung aus dem Mutterschaftsgeld. Hier ist also genug finanzielle Unterstützung vorhanden, um sich mit allem Notwendigen für das Baby auszustatten und sich gut auf diesen neuen Abschnitt vorzubereiten.

Nach der Geburt, wo es natürlich unausweichlich ist, ein Urlaubssemester einzureichen, sieht es schon etwas anders aus. Durch das wegfallende BAföG, (womit ich mir zu dieser Zeit meinen Lebensunterhalt gesichert habe) ist es nicht so ganz einfach eine finanzielle Balance zu finden. Das Elterngeld hilft hier natürlich, ist aber als Studenten, der nur einen Nebenjob hatte, nicht hoch genug um das fehlende BAföG auszugleichen.

Hier kommt es natürlich wirklich auf individuelle Gegebenheiten an. So war bei mir mein Partner schon voll berufstätig und hat meinen finanziellen Ausfall aufgefangen und wir konnten das eine Jahr Elternzeit trotzdem komplett genießen.

Sobald ich mein Studium wieder aufgenommen hatte, ging mein Kleiner zu einer Tagesmutter, diese wurde durch das Jugendamt finanziert, sodass für mich keine Betreuungskosten entstanden. Auch das BAföG wurde wieder gezahlt, plus dem Kinderbetreuungszuschlag. In dieser Zeit hatten wir finanziell absolut keine Schwierigkeiten und meiner Meinung nach ausreichend Geld zur Verfügung um alles, was wir wollten, als kleine Familie zu verwirklichen.

Organisatorische Aspekte

In vielen Universitäten und Hochschulen gibt es die Möglichkeiten, nach dem Grundstudium den Vorlesungsplan frei zu gestalten. Dadurch ist man in der Schwangerschaft und nach der Geburt sehr flexibel. So kann man in der Schwangerschaft weniger Vorlesungen besuchen und verliert trotzdem den Bezug zum Studium nicht ganz.

Gegen Ende der Schwangerschaft oder nach der Geburt des Kindes bietet die Möglichkeit eines Urlaubssemester eine stressfreie erste Kennlernzeit mit dem Nachwuchs. Wie lange man die Beurlaubung beantragen kann, ist individuell an jeder Universität geregelt. Hier sollte man vorab Infos an seiner Uni einholen.

Sobald man die ersten Monate gut gemeistert hat und sein Studium wieder aufnehmen möchte, bieten viele Universitäten eigene Kitas, oder haben Kooperationen mit Kitas, welche bevorzugt Uni-Kinder annehmen. Hier empfiehlt es sich, bereits während der Schwangerschaft Informationen einzuholen und direkt eine Anmeldung zu tätigen.

-HINWEIS: Für alle nötigen Infos rund um die Zeit der Schwangerschaft und für das Studieren mit Kind gibt es in den meisten Universitäten Gleichstellungsbeauftragte, an die man sich direkt wenden kann.-

Meine Erfahrungen

Der errechnete Entbindungstermin meines Sohnes war Ende Mai, daher habe ich mich damals entschlossen noch so viel Stoff aus der Uni wie möglich vor der Geburt wahrzunehmen. Ich habe also in dem Sommersemester, in dem er geboren wurde, voll studiert und noch einige Vorlesungen besucht. Durch die Vielfalt des Vorlesungsangebotes an meiner Uni habe ich mich primär für Projektarbeiten angemeldet. So konnte ich meinen Teil bereits vor der Entbindung erarbeitet und musste am Ende nur bei den Präsentationen im Sommer erscheinen. Ab dem Wintersemester habe ich mich für ein Jahr beurlauben lassen, sodass mein Sohn, seitdem er ein Jahr alt ist, in die Betreuung zu einer Tagesmutter geht. Ich konnte bei der Tagesmutter die Zeiten sehr flexibel wählen und habe diese dann an meinen Vorlesungsplan angepasst.

Wenn ich die gesamte Zeit rückblickend betrachte, habe ich die Schwangerschaft als eine sehr stressige Zeit wahrgenommen. Das lag jedoch daran, dass ich es selbst schlichtweg unterschätzt hatte wie körperlich und geistig schwer eine Schwangerschaft, vor allem gegen Ende ist.

Die Phase nach der Entbindung hingegen empfand ich jedoch als es eine sehr angenehme und entspannte Zeit, in welcher ich mich voll auf mein Kind konzentrieren konnte. Ich habe sogar aus Spaß ein, zwei Vorlesungen besucht und konnte so ein paar ECTS nebenbei sammeln.

-HINWEIS: Während eines Urlaubssemesters aufgrund der Betreuung eines Kindes können (je nach Verordnung der Universität) einige Vorlesungen und Klausuren abgelegt werden.-

Auch der Wiedereinstieg in das Unileben viel mir dadurch recht leicht. Am Ende habe ich zwar länger für mein Studium gebraucht. Dafür hatte ich aber sehr viel Zeit mit meinem Sohn, bis dieser zwei wurde und ich mein Studium abgeschlossen hatte. Viele Mütter bleiben heutzutage nur ein Jahr zu Hause, weil danach kein Elterngeld mehr gezahlt wird. Das war für mich als Studentin kein Problem.

Studieren mit Kind? – Mein Fazit

Finanziell und organisatorisch ist es auf alle Fälle machbar, das steht fest. Man ist selbst noch jung, hat weniger Probleme mit dem nächtlichen Aufstehen, ist sehr flexibel, kann dadurch das Kind womöglich länger selbst betreuen. Zusätzlich wird man vor allem im späteren Berufsleben nicht mehr durch die Pause als Leben mit Familie rausgerissen.

Auf der anderen Seite ist es definitiv teilweise eine organisatorische Meisterleistung, Vorlesungen, Kinderarzttermine und die Kinderbetreuung zu jonglieren, bis alles perfekt passt. Außerdem kann es zu einer finanziellen Lücke während der Beurlaubung kommen. Hier ist man eventuell auf die Hilfe durch die Familie angewiesen. Dazu ist man ständig (noch mehr als Mamas, die schon im Arbeitsleben angekommen sind) auf Behörden angewiesen und hat einen kleinen permanenten Papierkrieg auszufechten.

Schlussendlich kann man allgemein nicht festlegen, ob es die bessere Entscheidung ist, ein Kind während des Studiums zu bekommen. Die selbst gelegten Prioritäten, Wünsche und individuellen Rahmenbedingungen müssen zu dieser Vorstellung passen.

Für mich steht auf jeden Fall fest:

Ein Kind während dem Studium – easy? Keineswegs.

Ein Kind während des Studiums unmöglich? Definitiv nicht!

Die Autorin mit ihrem Sohn Keno

Es ist kein Hexenwerk, aber auch kein Sommerspaziergang. – Aber das ist das Muttersein nie. Mich hat die Zeit als Mama während dem Studium stark geprägt, im positiven und negativen Sinn. Ob ich es genau so noch einmal machen würde, weiß ich nicht. Eines weiß ich jedoch. Egal wann man sich entscheidet ein Kind zu bekommen, es ist nie leicht, man wächst Stück für Stück mit seinen Aufgaben und ist am Ende immer die genau richtige Mama für sein Kind.

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Jacquline: Jacquline hat Mediapublishing studiert und ist seit Mai 2018 bei Studibuch der "kreative Kopf" im Bereich Marketing. Sie ist bereits stolze Mama und hat die Liebe zum Schreiben während des Studiums für sich entdeckt.
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