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WG-Geschichten: Alltag mit Ninja-Katzen

WG-Geschichten

Wenn Du in eine WG ziehst, musst Du Dich auf alles gefasst machen: auf Putzpläne, eine Kühlschrank- und Gefrierfachhierarchie und auch auf Haustiere. Worauf ich jedenfalls nicht gewappnet war, waren zwei selbstbestimmte und gelangweilte Hauskatzen, die des Nachts ihrer Berufung als Ninja frönten und sprichwörtlich die Wände hochgingen.

Es ist Herbst, mein erstes Semester steht vor der Tür und ich habe es mir in den Kopf gesetzt, unbedingt in eine Wohngemeinschaft zu ziehen. WGs sind günstiger und überhaupt cooler.

Gleich die zweite WG, die ich besichtige, ist ein Volltreffer. Die zwei Mitbewohnerinnen sind nett und eine hat sogar zwei Hauskatzen. „Toll, so habe ich immer jemanden um mich“, denke ich mir mit dem Blick auf die zwei Samtpfoten, Mischa und Nala, – bis ich mich das erste Mal nach Einsamkeit sehnte. Denn das Leben mit sechs Beinen und acht Pfoten auf 87 Quadratmeter kann ganz schön chaotisch sein.

Nala ist eine schlanke, pechschwarze und zurückhaltende Kurzhaarkatze mit grünen Augen. Mischa hingegen ist ein kleiner aufmüpfiger, unersättlicher, flauschiger Stubentiger. So unterschiedlich die zwei Katzen auch sein mögen, eines haben sie gemeinsam: Sie wissen, was sie wollen und wie man es bekommt.

 

Mehrkatzenhaushalt sucht menschliche Verstärkung

Im WG-Gesuch hätte besser stehen sollen: Mehrkatzenhaushalt sucht menschliche Verstärkung. Miau, Wasser. Miaauu, Fressen. Miaaauuu, Leckerli. Miiiau, Spielen. Mischa und Nala wissen bis heute, in welcher Tonlage sie maunzen müssen, um das gemeine menschliche Fußvolk springen zu lassen.

Wird die Erledigung der aufgetragenen Aufgabe nicht zu ihrer Befriedigung ausgetragen, ihrem Verlangen nicht schnell genug nachgegangen oder erdreistet sich jemand gar, sie zu ignorieren, rücken die Katzen dem Menschen das Wichtigste im Leben wieder ins Blickfeld: sie.

Das ist einfach und äußerst effektiv. Dazu setzen sich die Katzen auf den Laptop, an dem Du gerade arbeitest. Steuern die heiße Herdplatte an, wenn Du am Kochen bist. Oder beschnuppern den Fernseher, auf dem Du gerade Netflix schaust.

Privatsphäre? Fehlanzeige. Auch Schlaf oder geschlossene Türen sind kein Hindernis für die zwei Fellnasen, die Aufmerksamkeit der ganzen WG auf sich zu lenken. Sie haben beide ihre Strategien entwickelt. Mischas Methode ist die Hetzjagd. Dabei machen die zwei so viel Radau und jagen wie Bekloppte durch die Wohnung, sodass Du sichergehen musst, dass nichts zu Bruch geht.

Nalas Herangehensweise ist etwas subtiler. Sie öffnet Türen, wobei sie auf die Türklinke springt. Ihr Gewicht und der Schwung des Sprungs erledigten den Rest. Alternativ deaktiviert sie das WLAN, indem sie sich auf den Router setzt, sodass dieser überhitzt. (Es gibt ja sonst keine warmen Orte in der WG.) Es war jedenfalls ein Trick, der für regelmäßige WG-Treffen im Flur sorgt.

 

Wo ist die Katze?

Als ich einen Abend von der Spätschicht (ich kellnere noch in einem mexikanischen Restaurant) nach Hause komme, verbindet sich mein Handy im Hausflur nicht mit dem WLAN. Ich vermute, dass es mal wieder Nala ist. Meine Mitbewohner sind beide außer Haus.

Ich habe demnach den Abend und die Katzen für mich alleine. Als ich die Haustür öffne, trete ich schnell in den Hausflur, darauf bedacht, die Tür möglichst schnell zu schließen, damit keine der Katzen entwischt. Ich will mir zumindest einen Abend die Jagd durch das Treppenhaus ersparen.

Weiter als vor die Hauseingangstür drei Stockwerke tiefer können die Katzen so oder so nicht kommen, doch Mischa probiert es immer wieder gerne. Aber mich erwartete weder Nala auf dem Router noch Mischa zu meinen Füßen. Stattdessen höre ich ein Kratzen, das ich nicht wirklich zuordnen kann.

Suchend lasse ich meinen Blick über den Boden und in die drei Räume sowie unsere Küche schweifen. Wir haben meistens alle Türen offen. Aus dem dunklen Raum meiner Mitbewohnerin funkelten mich zwei grüne Augen aus der Katzenhöhle an. Das ist Nala. Doch wo ist Mischa?

 

Ninjakatzen aufgepasst

Ich höre es wieder kratzen, diesmal hinter mir direkt neben der Eingangstür. Da hängt Mischa zwischen Wand und Decke, die Krallen in der Strukturtapete versenkt, um der Schwerkraft entgegen zu trotzen und guckt mich aus großen Augen an. Dass Katzen gute Kletterer sind, ist bekannt, doch diese Katze ist sprichwörtlich die Wände hoch gegangen.

Nach der ersten Faszination kommt der Schock, als ich das gesamte Ausmaß dieser kleinen Ninja-Expedition sehe. An zwei Wandflächen hängt die Tapete teilweise nur noch in Streifen von der Wand. Darunter kommt der nackte Putz zum Vorschein – das hätte zugegebenermaßen auch ein Maler beim Tapetenwechsel nicht besser hinbekommen.

Am nächsten Morgen wollen mir meine Mitbewohnerinnen kaum glauben. Beide haben das Chaos im Flur nicht wahrgenommen, als sie nachts heimkehrten. Keiner weiß, was in die Katzen gefahren war. Nachdem mir „Spidercat“ jedenfalls ihr außergewöhnliches Talent bewiesen hat, mussten wir den Hausflur renovieren.

Das Leben mit Hauskatzen wird nie langweilig. Fast jedes Mal, wenn ich die Wohnungstür öffne, haben die Katzen eine neue Überraschung für mich parat: Erbeutete Wattestäbchen, eine laufende, blaue IKEA-Tüte (Nalas Lieblingsort gleich nach dem Router), eine Spur aus Katzenstreu oder ein gekaperter Mülleimer. Sie lehren Dich so viel: Sorgfalt, Reinlichkeit, Ordnung, Liebe und erinnern Dich vor allem an alles, was nicht niet- und nagelfest ist.

 

Hast Du schon einmal mit Katzen oder anderen Haustieren in einer WG zusammengelebt? Schreibe uns Deine besten WG-Geschichten und Anekdoten gerne in die Kommentare!

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Désiree: Désiree liebt gute Bücher und guten Journalismus. Sie studiert Umweltjournalismus im Master in England. Nebenbei schreibt und bloggt sie über die Themen Studentenleben, Reisen, Feminismus und Nachhaltigkeit.
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