Studierst Du im Lehramt und bist Dir nicht sicher, ob Du in Deinen Texten „Schüler“, „Schülerinnen und Schüler“ oder einfach die Abkürzung „SuS“ schreiben sollst? Es kann durchaus sein, dass Du das Gendern als störend empfindest und denkst, dass es den Lesefluss in Deinen Seminararbeiten beeinträchtigt.
Dann erfährst Du hier gute Gründe, die für das Gendern sprechen und warum Du statt „Schülerinnen und Schüler“ auch „Schulkinder“ oder „Schüler*innen“ schreiben kannst.
Früher oder später wirst Du Dich in jedem Fall intensiver mit dem Gendern auseinandersetzen müssen. Heutzutage gilt es in keiner Weise mehr als guter wissenschaftlicher Standard, das generische Maskulin zu benutzen. Selbst der Hinweis zu Beginn einer Hausarbeit, in dem Du erklärst, dass Du mit dem generischen Maskulin alle Geschlechter mit einbeziehst, könnte mittlerweile dazu führen, dass Dir Punkte in Deiner Hausarbeit oder Abschlussarbeit abgezogen werden.
Gendergerechte Sprache in der Wissenschaft: Warum Du gendern solltest
Das Thema Gendern ist in Deutschland häufig Gegenstand hitziger Debatten und leider gibt es noch immer zahlreiche Stimmen, die das generische Maskulin für ausreichend halten, weil es noch nie jemanden gestört hat. Dieses Argument ist jedoch schwach, wenn Du bedenkst, dass sich unsere Sprache immer im Wandel befindet: Sie ist heute nicht wie früher und wird auch nie wieder wie heute sein. Deshalb zählt das Argument „es war schon immer so“ einfach nicht. Außerdem wird Gendern als lästig, radikal feministisch oder gar als übertriebene political correctness gesehen. Richtig Gendern ist keine Modeerscheinung und auch keine Angelegenheit für bestimmte Gruppen. Denn Sprache ist schließlich unser wertvollstes und zugleich wichtigstes Werkzeug zur Kommunikation.
Warum also gleich rund 50% der Bevölkerung allein durch Sprache regelrecht ausschließen?
Um diesen Punkt weiter zu verdeutlichen, versuche dieses Rätsel zu lösen:
Ein Vater fährt mit seinem Sohn im Auto. Sie haben einen schweren Unfall, bei dem der Vater noch an der Unfallstelle stirbt. Der Sohn wird mit schweren Kopfverletzungen in eine Spezialklinik eingeflogen. Die Operation wird vorbereitet, alles ist fertig. Der Chef-Chirurg erscheint, wird plötzlich blass und sagt: „Ich kann unter keiner Bedingung operieren, das ist mein Sohn!“
Wie kann das sein fragst Du Dich jetzt, wenn der Vater doch bei dem Unfall um sein Leben gekommen ist? Die Antwort ist eigentlich denkbar einfach, denn der Chef-Chirurg ist die Mutter des Kindes. Wenn Du jetzt denkst: „Okay, dann hätte man aber Chirurgin gesagt“, liegst Du ziemlich sicher falsch. Es wird in erster Linie vom Beruf gesprochen und nicht direkt von der Person, die diesen Beruf ausführt. Denn in der Regel wird das generische Maskulin benutzt. Dafür kannst Du wenig, denn Du bist mit dieser sprachlichen Norm aufgewachsen und hast auch nur das gelernt, was Dir beigebracht wurde.
Umso wichtiger ist es, das eigene Handeln und sein Denken kritisch zu hinterfragen, insbesondere in Bezug auf unsere Sprache.
Unsere Ausdrucksweise ist eng mit den Normen und Wertvorstellungen unserer Gesellschaft verbunden. Konkret bedeutet dies, dass wenn wir das Wort „Arzt“ hören, in unseren Köpfen oft unbewusst das Bild eines männlichen Arztes entsteht. Diese männlich konnotierten Begriffe wie Arzt stammen aus einer Zeit, in der Männer in Berufen wie Medizin dominant waren, während Frauen nun mal keine Möglichkeit hatten, Ärztinnen zu werden. Und dass Frauen Ärztinnen werden können, ist im Vergleich zur langen Geschichte der deutschen Sprache gar nicht so lange her.
Wie sieht es andersherum aus?
Begriffe wie „Putzfrau“ wurden zum Beispiel selbstverständlich längst zu Putzkraft geändert, aber eine Feuerwehrfrau wird im Volksmund immer noch ein Feuerwehrmann, weil der Beruf „Feuerwehrmann“ männlich und „Putzfrau“ weiblich konnotiert ist. Genau aus diesem Grund hat es die gendergerechte Sprache so schwer, denn dank Erziehung und Sozialisation haben uns diese Rollenbilder über viele Jahre geprägt. Überwinden lassen sich diese nur mit viel Arbeit und Disziplin.
Okay, aber wie gendere ich richtig?
Nun gilt es, die richtige Art des Genderns für sich herauszufinden. Sollte es der Gender Gap , das Gendersternchen, das Binnen-I, oder doch die Paarform sein?
In erster Linie ist das zunächst egal. Viel wichtiger ist beim Gendern in wissenschaftlichen Arbeiten, die gewählte Form in der gesamten Arbeit beizubehalten und keinesfalls zwischen verschiedenen Formen zu wechseln. Weit verbreitet sind außerdem auch Partizipformen und geschlechtsneutrale Bezeichnungen, die Du mit den eben genannten Formen gut kombinieren kannst, wie „Studierende“, „Angestellte“, „Seminarleitung“, „Lehrkräfte“ oder „Schulkinder“. Entscheidend dabei ist, dass Du Dir das Benutzen von Sprache in Dein Bewusstsein rückst. Auch wenn der Einstieg ins Gendern herausfordernd sein kann, wird es mit der Zeit leichter.
So könnte das zum Beispiel aussehen:
Mit dem Gender Gap:
Der Gender Gap, ist eine Methode, bei der ein Unterstrich zwischen dem Wortstamm und der weiblichen Endung eingefügt wird. So entsteht eine Form, die sowohl männliche, weibliche als auch nicht-binäre Personen anspricht.
Nehmen wir das Beispiel „Student_innen“: Der Wortstamm „Student“ steht für die männliche Form, während der Unterstrich darauf hinweist, dass hier in keiner Weise nur Männer gemeint sind, sondern alle Geschlechter. Die Endung „-innen“ repräsentiert die weibliche Form.
Mit dem Gendersternchen:
Das Gendersternchen ist eine Möglichkeit, um alle Geschlechter sprachlich sichtbar zu machen. Dabei wird ein Sternchen (*) zwischen dem Wortstamm und der weiblichen Endung eingefügt. Diese Form zielt darauf ab, neben Männern und Frauen auch nicht-binäre Menschen einzuschließen. Aus dem Wort „Student“ wird somit „Student*innen“.
Mit dem Binnen-I:
Das Binnen-I ist eine Methode, bei der ein großes „I“ innerhalb des Wortes eingefügt wird, um sowohl die männliche als auch die weibliche Form in einem Wort zu nennen. Ein Beispiel dafür ist das Wort „StudentInnen“, bei dem durch das große „I“ sowohl „Studenten“ als auch „Studentinnen“ in einem Wort sichtbar gemacht werden.
Das Binnen-I ist somit eine einfache und klare Möglichkeit, um in einem Wort beide Geschlechter sichtbar zu machen.
Mit der Paarform:
Bei der Paarform wird die männliche sowie die weibliche Form direkt hintereinander genannt, zum Beispiel „Studenten und Studentinnen“.
Mit der Partizipform:
Bei der Partizipform werden alle Personen unabhängig von ihrem Geschlecht angesprochen, zum Beispiel mit „Studierende“ anstelle von „Studenten und Studentinnen“.
Weitere Hilfe benötigt?
Eine hilfreiche Website ist übrigens das Genderwörterbuch https://geschicktgendern.de/ , das ständig erweitert wird. Hier kannst Du Inspiration für Formulierungen finden, wenn Du gerade keine Ideen hast.
Besonders herausfordernd wird es erst, wenn Du mit Artikeln, Pronomen und Adjektiven konfrontiert wirst. Hier wirst Du definitiv am häufigsten hängenbleiben und an Formulierungen feilen müssen. Zwar musst Du auf die grammatische Stimmigkeit von Nomen und Pronomen achten, gleichzeitig aber auch sprachlich unelegante oder sperrige Formulierungen vermeiden. „Jeder Student“ könnte sich somit in „Alle Studierende“, „Jede/r Studierende“, „Jede/r Studentin und Student“ usw. verwandeln.
Auch das kleine Wörtchen „man“ kann durch Passivsätze umgangen werden. Das solltest Du allerdings bereits wissen, denn „man“ hat in einer wissenschaftlichen Hausarbeit auch ohne das Genderthema eigentlich nichts zu suchen.
Richtig Gendern durch Uni Leitfaden
Viele Unis haben mittlerweile auf ihren Internetseiten Leitfäden zur Verfügung, die erläutern, wie in Hausarbeiten, E-Mails oder ähnliches gegendert werden kann oder soll. Oft steht das in einem allgemeinen Leitfaden zum Schreiben wissenschaftlicher Hausarbeiten und kann von Institut zu Institut ganz unterschiedlich sein. Hier lohnt sich auf jeden Fall der Blick zu den Institutsseiten Deines Studiengangs oder auf den allgemeinen Seiten der Universität. Siehe hier zum Beispiel den Leitfaden der Geschäftsstelle Gender & Diversity Freiburg.
Im Zweifel stehen Dir jedoch immer bei Deinen Betreuerinnen und Betreuern zur Verfügung.
Keine Frage, die perfekte Umsetzung für die gendergerechte Sprache verlangt eine Menge Motivation und einen Haufen Arbeit. Du wirst also auf viele sprachliche Probleme stoßen und hin und wieder verzweifeln. Doch der Aufwand ist es am Schluss wert. So wie unsere Sprache stets im Wandel ist, gilt dies auch für unsere Gesellschaft.

Zusammen gefasst bedeutet dass:
Die gendergerechte Sprache allein ist zwar noch keine Gleichberechtigung schafft, aber sie ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Es ist wichtig, dass Gleichberechtigung umfassend und gleichzeitig in vielen Bereichen vorangetrieben wird und nicht nur schrittweise. Durch die bewusste Verwendung einer gendergerechten Sprache wird ein klares Zeichen gesetzt gegen die Vorstellung, dass Männer die Norm für die gesamte Gesellschaft darstellen und Frauen lediglich eine Abweichung davon sind. Diese sprachliche Anpassung trägt dazu bei, ein inklusiveres und gerechteres Bild aller Geschlechter zu fördern.

Wenn Du noch Fragen zum Thema Gendern hast oder weitere Tipps dazu, freuen wir uns, wenn Du sie mit uns teilst.